Vancouver (British Columbia)

Die Traumstadt am Pazifik soll es sein. Wir waren sehr gespannt, jedoch hatten wir ein bißchen andere Vorstellungen von der Metropole an der Westküste Kanadas. Unser dreitägiger Aufenthalt begann übel, wurde aber - wie das Wetter - zum Ende hin besser.

Vom Olymipschen Dorf, über die "5 blocks of hell", Wassertaxen, tasty food, einer Radtour um den Stadtpark und einem schönen Strandspaziergang ... und unvergesslichem Skyline-Blick ...

Ankunft und Tag 1 in der überschätzten Stadt?

Die letzten 80 km vor Vancouver waren schon ziemlich stressig. Kanada hat „nur“ 35 Mio. Einwohner – man könnte meinen, hier fahren und wohnen 99% davon. War man ja gar nicht mehr gewohnt. Erfreulich dagegen war die sehr unkomplizierte Rückgabe des Mietwagens am Flughafen südlich der Stadt. Auch die Fahrt mit dem Skytrain für 9 $/Person in die Innenstadt ging problemlos.

 

Unsere airbnb-Unterkunft liegt genau gegenüber der Main Street Station. In dem riesen Apartment-Komplex im ehemaligen Olympischen Dorf (2010) angekommen, stauen wir über diese stylische Wohnung bzw. den mega Ausblick aus der 16. Etage auf die Science World, Plaza of Nations und das BC Stadium. Im Hintergrund die Sykline und Berge, allerdings im Nebel. Von airbnb-Hosts erhoffen wir uns immer persönliche Tipps für die Stadt. Fast alle schreiben das auch in ihren Anzeigen. So auch hier bei der Buchung vor Monaten. Übrigens für 70 Euro/Nacht, was ein Mega-Schnäppchen für Vancouver ist - bei der Lage, mit DEM Blick. Mittlerweile hat aber jemand anders die Wohnung übernommen und ist wenig offen und nur auf explizite Nachfrage gesprächsbereit. Ernüchterung. Wir suchen uns ein paar Infos selbst zusammen und lassen uns einiges davon später bestätigen.

 

Auf in die hochgelobte Stadt. Wir laufen einfach mal über die Quebec und Columbia Street Richtung China- und Gastown. Diese Stadtteile wurde in Flyern beworben. Wir wissen später nicht warum. Was wir schon nach wenigen Metern sehen, ist das Grauen. Eine lebende Geisterbahn. So eine Vielzahl von Obdachlosen und Drogenabhängigen haben wir noch nie gesehen. In amerikanischen Filmen oder Dokus vielleicht. Doro fühlt sich an Ecken in Johannesburg erinnert. Da wo niemand hingeht. Das hätten wir besser auch nicht getan. Maximal erschreckend und traurig zugleich. Wie kann es soweit kommen? Sowohl persönlich, als auch dass eine Stadt oder Land die Leute so fallen lässt? Wieder einmal wird mehr als deutlich, wie gut es uns in Deutschland und Europa geht. Natürlich weiß man von dem nicht vorhandenen Sozialsystem - aber so krass haben wir es nicht erwartet. Einige apathisch/zombiehafte Blicke und Situationen vergessen wir so schnell nicht.

 

Wir sehen zu, dass wir zügig westlich Richtung Hafen laufen. Unterwegs plötzlich noch einige Polizeiwagen und ein "Do not cross"-Band vor einer Bar. RTL Crime! Schnell weiter. Vorbei an etlichen Hochhäusern und Bürogebäuden, viele davon unschön. Wir laufen um das Convention Center. Ein Blick auf die andere Seite nach North-Vancouver durch die dicken Wolken kaum möglich. Es ist kühl und ungemütlich. Wir sitzen wortlos im Nieselregen. Erstmal ins Besucherzentrum. Geschlossen! Und das schon um 17 Uhr. Ein Witz für so eine Stadt! Ebenfalls sind auch die meisten Läden in der Waterstreet (Gastown) bereits um 18h geschlossen. Wir sehen hier die berühmte, mit Dampfkraft betriebene, Uhr. Die Straße hat was - aber auch teils große Warteschlangen vor einigen Restaurants. Wir finden einen vermeintlichen Italiener ("Al Porto") mit Hafenblick. Auf Container. Keine Lust weiterzusuchen, HUNGER! Wir essen eine Art Pizza, die selbst Pizza Hut besser hinbekommen hätte. Am Ende zahlen wir plus jeweils ein Getränk 60 $! Wie's denn geschmeckt hat, fragt der Kellner. Wir sind ehrlich, er guckt komisch, wir gehen enttäuscht. Draußen regnet es mittlerweile stark. Wir wollen nur noch heim. Die Wetterprognose ist nicht so gut. Mal sehen was die nächsten 2,5 Tage bringen.

Neuer Tag, neues Glück!?

Danke für eure Tipps bei facebook und via Mail. Auf ein Neues! Vermutlich sind wir gestern Abend nur durch die falschen Straßen gelaufen – heute geben wir der Stadt eine zweite Chance. Für ein paar Dollar fahren wir mit dem Wassertaxi bei Novemberwetter auf dem False Creek zur kleinen Halbinsel Granville Island und finden im Public Market schnell was zum Frühstück. Der Public Market ist eine große Markthalle mit allerhand verschiedenen Food-Ständen. Draußen regnet es mittlerweile stärker, so dass wir hier bleiben und gleich zum Mittagsessen übergehen. ;-) Beides war sehr lecker und hat uns schon mal gut in den Tag starten lassen.

 

Wir schlendern über die Insel und fahren per Wassertaxi nach Yaletown. Endlich ein paar Sonnenstrahlen. Das nutzen wir sofort aus und beschließen Fahrräder zu leihen (48 $ gesamt/2h). Damit cruisen wir durch die Stadt, zum Coal Habour und umfahren den größte Stadtpark Kanadas, den Stanley Park. Die kleinen Strände und die English Bay auf unserer Route gefallen uns - die Radwege sind sehr gut ausgebaut. Am späten Nachmittag laufen wir noch durch eine Vielzahl von hohen Wohnkomplexen nach Downtown/Robson Street. Na ja. Nach einem Stop beim Supermarkt in Gastown (für's Abendessen), haben wir jetzt auch einen normalen Weg (ohne Gruselkabinett) nach Hause gefunden. Alles in allem ein ganz netter Tag, aber nichts was uns aus den Socken haut. So richtig warm werden wir nicht mit der Stadt. Muss ja auch nicht sein. Uns fehlt's an Flair und Ambiete – das gewisse Etwas. Alles wirkt so künstlich und vor allem die unzähligen Hochhäuser mögen wir nicht. Außer bei Nacht, das sieht beeindruckend aus. Mal sehen was Tag 3 bringt.

 

Aller guten Dinge sind drei.

Wir haben kaum Lust aufzustehen und denken tatsächlich: noch 1,5 Tage hier, was tun? In die Innenstadt wollen wir nicht mehr. Für eine doch relativ zeitintensive Überfahrt nach Vancouver Island (Victoria) können wir uns auch nicht motivieren. Der Grouse Mountain immer noch in den Wolken. Beim Frühstück bekommen wir (überraschenderweise) einen Tipp von unserer Vermieterin, mit dem Bus 84 in den Stadtteil Kitsilano zu fahren. Dort soll es einen schönen Strand geben. Ebenfalls empfiehlt sie uns zwei Restaurants/Bars. Vorweg genommen: die Tipps waren super.

 

Die Busfahrt kann nur mit Münzen bezahlt werden. Wir haben die 5,50 $ nicht passend, das ist dem Busfahrer aber egal und er lässt uns auch für 2 $ mitfahren. Thanks! Am Kitsilano Beach ist es noch wolkig und kühl, aber das änderte sich langsam auf dem Strandspaziergang (dank Ebbe) über den Jericho zum Locano Beach. Auf dem Rückweg gehen wir durch den Jericho Beach Park und ein Stück über die West 4th Avenue. Diese ist uns auf der Herfahrt positiv aufgefallen - tolle Shops und Bars. Vor allem nur zweigeschossige Häuser und alles viel entspannter. Wir können den Tipp unserer Vermieterin im "Aphrodite Café & Pie Bar" zu essen guten Gewissens weitergeben. Sehr lecker und dazu "organic". Draußen scheint mittlerweile die Sonne bei blauem Himmel. Wir wandern vom Herbst zurück in den Sommer durch den Kitsilano- und Vanier-Park bis zu Grandville Island. Im Public Market kaufen wir unser Abendessen (indisch) und nehmen noch eine süße Kalorienbombe für's Frühstück mit. Nach den letzten Sonnenstrahlen an den Docks fahren wir mit dem Wassertaxi zurück zur Science World in unser "Village". Wir legen die heißgelaufenen Füße hoch und genießen ein letztes mal den super Ausblick auf's Lichtermeer Vancouvers.

 

Der Tag gepaart mit dem Wetter (bei Sonne sieht halt alles besser aus), hat unserem Aufenthalt einen guten Abschluss gegeben. Morgen werden wir's noch etwas ruhig angehen und vllt im Park chillen, bevor es mit dem 18-Uhr-Flieger 2,5h nach San Francisco geht.

 

It's not our city. Insgesamt war es aber natürlich gut, die Stadt mal etwas kennenzulernen. Sicherlich lebenswert mit dem Meer und den Bergen. Aber die (Innenstadt-)Hochhäuser, no way! Da finden wir unsere europäischen Großstädte - mit Kultur, Geschichte, Szene etc. - deutlich attraktiver. Aber das ist ja wie alles Geschmackssache. Und hier geben wir eh nur unsere bescheidene und subjektive Meinung und Erlebnisse wieder.

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